
Die türkische Südwestküste zu Fuß entdecken – Tipps für den Lykischen Weg
30. April 2021 | Kaş, Türkei | Lisa
Wie sicher die meisten, hatten wir mit der Türkei vor allem Pauschaltourismus im Kopf. Doch wer Lust hat, die Wanderstiefel zu schnüren, das Zelt zu satteln und sich tagsüber die Seele aus dem Leib zu schwitzen, wird auf dem Lykischen Weg mit einsamen türkisblauen Traumstränden, wunderschönen Pinienwäldern und idyllischen Bergdörfern belohnt.

Der Lykische Weg
Während unserer Vorbereitungen und Planungen auf Madeira sind wir auf die Türkei als nächsten möglichen Stopp in Zeiten von COVID-19 aufmerksam geworden. Die Einreise war zu dieser Zeit mit einem negativen Corona-Test – und damit für uns relativ unkompliziert und ohne Quarantäne – möglich. Istanbul als Startpunkt stand ohnehin fest, über Izmir hatten wir mal eine ganz spannende Reportage gesehen. Doch zwei Städte allein hätten uns noch nicht überzeugt. Über einen Zeitungsartikel wurden wir schließlich auf den Lykischen Weg aufmerksam, der zu den schönsten Fernwanderwegen der Welt gehören soll. Auf insgesamt rund 500 Kilometer verläuft er zwischen Fethiye und Antalya und führt entlang der türkischen Riviera durch das ehemalige Lykien, vorbei an historischen Stätten durch beeindruckende Landschaften mit atemberaubenden Ausblicken. Noch dazu wird das Wildcampen nahezu überall geduldet. Da man immer wieder durch Dörfer und kleinere Städte kommt, gibt es zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich mit Verpflegung einzudecken oder – wenn die Füße allzu arg schmerzen – Etappen mit dem Bus oder Taxi zurückzulegen und ein paar Ruhetage an einem der zahlreichen Strände mit ihrem unglaublich klaren Wasser zu verbringen.
Jeder von uns hatte ungefähr 16 Kilo Gepäck dabei (wir tragen permanent alles, was wir für das halbe Jahr Sabbatical mithaben, plus Essen und Wasser). So bepackt haben wir durchschnittlich 15 Kilometer und etwa 1.000 bis 1.500 Höhenmeter am Tag zurückgelegt. Höhenmeter und Gewicht, ihr ahnt es schon: Hier kommt der offizielle Knie-Alarm. Wer vor dem Lykischen Weg schon Schwierigkeiten mit den Knien hatte, sollte sich zumindest darauf einstellen, dass er während der Wanderung ziemlich beansprucht wird. Die meisten Wege sind voller Steine, Felsen und Geröll, wodurch zumindest ich als Kniekrüppel von uns beiden, stark aufpassen musste.
Wo?
Wir haben unsere Tour von Fethiye aus gestartet. Wer nicht ohnehin schon in der Türkei unterwegs ist und die wirklich gut ausgebauten Busverbindungen nutzt, erreicht den Küstenort am besten über den 45 Kilometer entfernt gelegenen Flughafen Dalaman.
Von Fethiye sind wir in die Geisterstadt Kayaköy gefahren, wo bis heute die etwa 3.500 Ruinen der Häuser 1922 und 1923 vertriebener Griechen erhalten sind. Es gibt tagsüber eine regelmäßige Busverbindung, den Bus erwischt man gut von hier aus. Für die etwa halbstündige Fahrt haben wir 10,50 Lira pro Person gezahlt. Eigentlich benötigt man für die Nutzung der Busse eine Fethiye Card, um bargeldlos zu bezahlen. Unser Busfahrer hat aber noch mal alle Augen zugedrückt unser Bargeld akzeptiert.
Von dort aus sind wir zunächst in neun Etappen bis Kaş gelaufen. In der Kleinstadt an der Küste lässt es sich bestens von den Strapazen der Wanderung entspannen, sie eignet sich somit auch ideal als Endpunkt, wenn man nicht den gesamten Weg wandern möchte. Viele Türken haben uns bestätigt, dass es sich bei dieser Strecke um den schönsten Teil des Lykischen Wegs handelt.
Wann?
Unsere Wanderung haben wir Mitte April gestartet, das Wetter an der Küste ist zu dieser Zeit sonnig, mild und mit Tagestemperaturen um die 20 bis 25 Grad. In den Küstenorten stehen die Zitrusbäume in voller Blüte und auch in den höhergelegenen Bergtälern fangen die Obstbäume jetzt an, ihre volle Pracht zu entfalten. Insgesamt war es auf der Strecke zu dieser Zeit noch sehr grün. Ich schätze, bis Ende Mai lässt sich so die volle Bandbreite und Vielfalt der Vegetation perfekt genießen. Danach wird es sicher deutlich trockener und öder. Auch das Thema Wasserversorgung auf dem Weg wird dann vermutlich deutlich schwieriger (dazu mehr unter „Versorgung“). Der Preis dafür: da wir lediglich unsere Sommerschlafsäcke dabei hatten, haben wir bei unseren auf etwa 900 Metern gelegenen Campspots drei wirklich unentspannte Nächte zwischen 5 und 8 Grad verbracht.
Über die Sommermonate ist die Tour mit Sicherheit nicht zu empfehlen, der September und Oktober könnten aber sich noch mal ein gutes Zeitfenster sein, auch wenn die meisten Quellen und Zisternen zu dieser Zeit sicher trocken liegen und das Thema Trinkwasser damit noch sorgfältiger geplant werden muss.
Orientierung
Der Lykische Weg ist durchgängig mit rot-weißen Wegmarkierungen gekennzeichnet. Abwege sind zudem häufig mit einem roten X versehen, sodass man in den meisten Fällen rechtzeitig bemerkt, wenn man Gefahr läuft, die falsche Richtung einzuschlagen. Ist das Gelände mal unübersichtlich, helfen zusätzlich die am Wegrand von Wanderern aufgestellten Steintürmchen dabei, den Kurs zu halten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Lykische Weg an einigen Stellen den zahlreichen Bauprojekten in der Region ausweichen musste, sodass teilweise Markierungen fehlen. Daher ist es auf jeden Fall ratsam, zusätzlich eine digitale Navigation zu verwenden.
Zur Etappenplanung haben wir darüber hinaus Outdooractive verwendet, hier bekommt man einen guten Überblick über die Gesamtlänge der Tagesetappe, außerdem sind dort Quellen und gut geeignete Orte für die Übernachtung im Zelt eingezeichnet. (Die Links zu den einzelnen Touren auf Outdooractive sowie detaillierte Beschreibungen findet ihr in Sörens Beitrag) Hat man die Karte und Planung einmal heruntergeladen, lässt sich die App zudem offline verwenden, das spart Akku und man behält auch dort den Überblick, wo es mal keinen Empfang gibt. Einziges Manko: aktuell arbeitet die App hinsichtlich der Zeitangaben nicht besonders zuverlässig beziehungsweise geht sie ausschließlich von der Streckenlänge, nicht aber von den zurückzulegenden Höhenmetern oder der Beschaffenheit des Weges aus. Hier sollte man sich also auf jeden Fall eher auf die eigene Erfahrung mit Tempo und Höhenprofil verlassen und gerade am Anfang eher etwas konservativer planen.
Viele andere Wanderer, die wir getroffen haben, nutzten stattdessen MapsMe und waren damit ebenso zufrieden. Wir selbst hatten mit der App in Georgien sehr gute Erfahrungen gemacht.
Camping
Wildcampen ist nach unseren Recherchen in der Türkei nicht offiziell erlaubt, wird aber auf dem zumindest auf dem Lykischen Weg überall geduldet. Dass man sein Zelt dabei nicht unbedingt in Sichtweite von Siedlungen aufbauen sollte, seinen Müll mitnimmt und insbesondere beim Thema Lagerfeuer Vorsicht walten lässt, versteht sich ja hoffentlich von selbst. Die in Outdooractive gekennzeichneten Zeltstellplätze sahen allesamt wirklich einladend aus, das ist also eine gute Orientierung.
Versorgung
Lebensmittel
Wir haben uns bereits in Fethiye mit einer „eiserne Reserve“ an haltbaren Lebensmitteln eingedeckt: eine Packung Nudeln, drei Dosen Fisch, ein Fertig-Reis-Gericht, Nüsse, Honig, ein paar Kekse, eine Packung passierte und eine mit getrockneten Tomaten, getrocknete Datteln, Haferflocken und Babybrei-Pulver sowie Schwarztee. Etwas Zucker, Salz und Pfeffer haben wir ohnehin immer dabei.
Unsere Erfahrung: so viel wäre tatsächlich nicht nötig gewesen. Der Lykische Weg führt durch eine Vielzahl von kleineren Städten und Dörfern, in denen man fast immer einen mehr oder weniger gut sortierten Tante-Emma-Laden findet. Das heißt, Brot, Käse, ein paar Konserven, Reis, Nudeln und Tütensuppen finden sich immer. Auch frisches Obst und Gemüse kann am besten direkt vor Ort und nach Tagesbedarf kaufen. Ausnahme bilden die Strecken zwischen Gey und Kumluova (hier gibt es lediglich das Strandrestaurant des Patara Green Camps) sowie zwischen Bezirgan und Kaş (hier sollte man, falls nötig, hinter der Moschee in Bezirgan auf jeden Fall noch mal kaufen, was man für die nächsten zwei Etappen an Lebensmitteln braucht – wir haben danach keinen Lebensmittelladen mehr gesehen).
Wasser
Da wir es nicht besser wussten, sind wir anfangs mit prall gefülltem Wassersack (vier Liter) und einer 1,5-Liter-Flasche losgelaufen. Das drückt halt ordentlich auf die Schultern und wäre in der Menge vermutlich nicht nötig gewesen. Anfangs führt der Weg ohnehin durch genügend Ortschaften, in denen man Wasser kaufen kann, später gab es – zumindest während unserer Tour Mitte, Ende April noch ausreichend Wasser in den Brunnen und Zisternen auf dem Weg. Um das Wasser raufzuholen, braucht es zudem noch geeignetes Gerät, denn nicht überall stehen Eimer und Strick zur Verfügung. Wir haben uns für diesen Zweck einen Wasserholer aus unserem Kochtopf und zwei Schnürgurten gebastelt, das hat ganz gut funktioniert.
Der Brunnenfüllstand kann sich aber mit zunehmender Hitze und Trockenheit in den darauffolgenden Monaten sicher schnell ändern. Hinzu kommt, dass nicht jede Zisterne Wasser bereit hält, das man trinken möchte. Wir haben für diese Fälle ein zweistufiges Wasser-Aufbereitungssystem von Steripen, bei dem das Wasser zunächst gefiltert und dann mittels UV von den allermeisten Bakterien gereinigt wird. Grundsätzlich gilt jedoch: Wo es trinkbares Wasser gibt, sollte man sich satt trinken, den Restbedarf für den Tag und das Kochpensum einplanen und darüber hinaus checken, wann die nächste Wassergelegenheit kommt. Die Mehrzahl der Quellen ist in Outdooractive und MapsMe verzeichnet.
Campinggas
Gaskartuschen erhält man in Istanbul und Izmir auf jeden Fall in den einschlägigen Outdoor-Shops für etwa 60 Lira (6 Euro). In Fethiye und Kaş werden diese aufgrund bestimmter Lizenzen direkt bei den Handelsstützpunkten für Gasflaschen, zum Beispiel Aygaz oder iPragaz, für etwa 40 Lira (4 Euro) verkauft. Da wir letzteres nicht wussten, hatten wir direkt zwei kleine Kartuschen gekauft, für die Strecke von Fethiye bis Kaş wären wir letztlich auch mit einer hingekommen.
Budget
Wer wie wir mit dem Zelt unterwegs ist und sich weitestgehend selbst verpflegt, wird auf dem Lykischen Weg nicht viel Geld brauchen, da keine Kosten für Zeltplätze anfallen und Lebensmittel hier wirklich günstig sind. Für ein grobes Gefühl hier mal unsere Kosten für die Strecke von Fethiye nach Kaş. (Da wir in Kaş einen längeren Stopp eingelegt haben, sind diese Übernachtungskosten hierin noch nicht berücksichtigt. Die Zeltplätze hier kosten aktuell zwischen 50 (ohne Strand) und 100 Lira (mit Strand) pro Person)
2 kleine Gaskartuschen |
Lebensmittel Grundstock (eine Packung Nudeln, drei Dosen Fisch, ein Fertig-Reis-Gericht, Nüsse, Honig, ein paar Kekse, eine Packung passierte und eine mit getrockneten Tomaten, getrocknete Datteln, Haferflocken und Babybrei-Pulver sowie Schwarztee) |
Campingplatz Patara Beach |
4 Bier in Patara Beach |
Lebensmittel, Tee und Wasser auf dem Weg |
Gesamtkosten (für zwei Personen und zehn Tage) |
100 Lira |
70 Lira
|
100 Lira |
100 Lira |
150 Lira |
520 Lira |
10 Euro |
7 Euro
|
10 Euro |
10 Euro |
15 Euro |
52 Euro |
Hunde
Wir hatten glücklicherweise nur eine wirklich grenzwertige Begegnung mit den Hunden von Akbel. Während die meisten der Dorfhunde vor sich hinvegetierend im Schatten liegen, kam uns der erste Hund bereits auf der Kreuzung am Ortseingang mit wildem Gebell entgegen. Vermutlich hätten wir ihn einfach ignorieren und langsam weitergehen sollen. Nachdem uns Bekannte jedoch davon berichtet hatten, dass beide bereits von Hunden in der Türkei in die Wade gebissen worden waren, haben wir uns, ihrem Rat folgend, immer wieder umgedreht, um den Kreuzungsköter nicht aus den Augen zu lassen. Er fühlte sich dadurch jedoch offenbar immer weiter gereizt, sodass er uns weiter folgte und mit seinem Bellen gleich noch zwei andere ähnlich irre Viehcher auf den Plan holte, die uns irgendwann mit gebleckten Zähnen sprungbereit umkreist hatten. Was schließlich wirklich half, waren die Pfeifen an den Brustgurten unsere Rucksäcke.
Um ähnliche Szenen mit Stadt- bzw. Dorfhunden in Zukunft zu vermeiden, machen wir inzwischen einen deutlich größeren Bogen um Grundstücke, auf denen wir Hunde sehen und versuchen diese weitestgehend zu ignorieren, d.h. auch wenn sie bellen, einfach ohne Hinschauen weiterzugehen.
Bei Hirtenhunden in den Bergen ist es etwas anders. Hier sollte man immer versuchen, den Schäfer zu finden und ihn durch lautes Grüßen oder Winken auf sich aufmerksam zu machen, damit er im Zweifel seine (wirklich großen) Hunde zurückpfeifen kann. Ansonsten gilt: wenn der Weg es zulässt, in möglich großem Bogen um die Herde Schafe oder Ziegen herumlaufen, damit der Hirtenhund einen gar nicht erst als potenzielle Bedrohung wahrnimmt.