
Kotor – Eine echte Überraschung
26. Januar 2022 | Leipzig, Deutschland | Sören
Nach unserem zweiteiligem Farmerama-Abenteuer „Farmlife as a Volunteer“ und der kleinen, wundersamen Auseinandersetzung mit der Tourismuspolizei von Budva als Teil der Story „Balkanadventures in Montenegro“, haben wir noch eine kleine Stadt im Auge, die uns wärmstens empfohlen wurde und sich als Perle am Meerbusen von Kotor herausstellen sollte.
Eine kleine Stadt, Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes und mit einer Festungsanlage bis hoch in die Berge gebaut, von welcher wir einen einzigartigen Blick über die Bucht und bis nach „Orahovac“ haben sollen. Früher waren vor den Festungsmauern die Linienschiffe der K&K Marine vertäut, jetzt ist die gesamte Stadt ist vollständig restauriert und voller kleiner, liebevoller und spannender Orte. Die Kirche auf der nördlich vom Kotor-Zentrum liegenden, kleinen Landzunge ist sicherlich eine dieser Sehenswürdigkeiten (Црква Светог пророка Илије).

Die ersten Schritte im historischen Stadtkern
Budva war uns eh zu wuselig, also steht unser Entschluß fest und wir machen uns auf den Weg. Ab in den Bus und kaum eine Stunde später stehen wir am Busbahnhof, der uns vorerst enttäuscht. Das wird sich auch nicht ändern, jedenfalls was den Busbahnhof betrifft. Wir bewegen uns aber mit all unserem Gepäck in Richtung der Innenstadt und schon hinter der nächsten Kurve sehen wir direkt vor uns eine Festungsmauer mit idyllisch, in den Felsen lehnender Steinbrücke über einen kleinen, sauberen Wassergraben. Gleich dahinter türmt sich unendlich Steil die schroffe Felsformation in die Höhe, an deren Fuß Kotor erbaut wurde. In die Hänge des Felsmassivs haben die damaligen Bewohner eine Festungsmauer gebaut die bis ganz oben auf die Spitze reicht. Da fragt man sich doch, warum. Ich meine unten ist die Stadt, klar das die geschützt wird. Oben ist eine kleine Zitadelle, auch die ist geschützt, aber der ganze Weg, der gesamte Steilhang ist ebenso mit einer knapp vier Kilometer langen Festungsmauer umgeben. Ok, zugegeben, imposant sieht das schonmal aus, insbesondere, wenn man seinen Blick nach links in die Bucht schweifen lässt und die umgebenden Berge und den Meerbusen sieht, in welchem riesige Yachten liegen, die es von der Größe bestimmt auch mit den damaligen Linienschiffen aufnehmen könnten. Es fehlen nur die Kanonen, aber dafür haben diese Yachten eben einen Hubschrauberlandeplatz.
Beeindruckt gehen wir zunächst ganz offiziell über die Steinbrücke, etwas abseits des Haupttores in die Stadt und verlaufen uns in den verspielten und engen Steinstraßen von Kotor, gespickt mit Cafes, Plätzen, Bars, Kirchen und liebevoll gestalteten Gebäuden. Auch wenn wir vorerst unsere Unterkunft mitten in der Stadt nicht gefunden haben, da wir uns mit unserem Host immer wieder abwechselnd an zwei verschiedenen Kirchen verabredet haben und aufgestochen hin und her gelaufen sind, ist die Stadt klein genug, dass man Kotor innerhalb der Stadtmauern an einem Tag erkunden kann und man sich bei solchen Eskapaden nicht verausgabt. Gleich um die Ecke gibt es schließlich eine Bar, die kühles und günstiges Bier verkauft. Für uns ist das noch zu früh und wir folgen in die kleine, aber feine Unterkunft.
Diesmal hält es uns nicht lange in dem Zimmer und wir machen uns sogleich auf Erkundungstour. Wir entdecken den Markt, direkt an der Festungsmauer, aber außerhalb der Stadt, machen einen Schlenker an einigen Stränden vorbei, wobei wir uns später an die Badegelegenheit westlich des Restaurants „Galion“ gehalten haben. Diese ist nicht zu überfüllt, hat zwar keinen Sandstrand, sondern eher stillgelegte Hafenbecken und Liegeflächen aus Steinplatten, aber einen tollen Blick in die Bucht und etwas Schatten in der Mittagssonne. Weiter geht es in die Bezirke, die außerhalb der Stadtmauern liegen. Hier finden wir neben dem Fluß „Scurda“ einige schöne Restaurants, abseits der Touri-Spots und ein paar Supermärkte, um uns auch in Zukunft mit riesigen zehn-Kilogramm-Wassermelonen-Monstern versorgen zu können. Frisch aus dem Kühlschrank schmecken die hier einfach umwerfend und erfrischen ungemein.
Wir erobern die Stadt durch einen geheimen Festungseingang
Da wir mitten im Stadtzentrum wohnen, verbringen wir die Abende in der aufregenden und auch in den Nachtstunden, lebendigen Stadt. Lisa hat sich wieder in ihr fetziges und elegantes Ausgehteil geworfen und ich mache das Beste aus dem, was ich mithabe. So erkunden wir Bar um Bar und genießen auch in der Nacht die Aussicht auf die Festung hoch droben im Felsen sowie die Idylle auf den begehbaren Festungsmauern im Osten der Stadt. Für den Abend haben wir auch schon eine favorisierte Bar gefunden. Das Bier schmeckt, der Preis stimmt, die Atmosphäre ist entspannt und die Musik ist auch was für mich, den „Authentic Pub Bandiera“. Lisa will das zwar am Abend wieder nicht hören, aber insgeheim glaube ich, dass sich wieder alle Blicke auf Lisa richten – hübsch, energiegeladen, verzaubernd mit den rosa Haaren und elegant im schwarzen Jumpsuit.
Am nächsten Tag haben wir uns für den Aufstieg zur Zitadelle ausgerüstet. Wir stibitzen uns früh, nach einem tollen Frühstück, über das Nordtor aus der aus der Festungsanlage und halten uns links am Scurda, der klar vor uns liegt und voller Fische ist. Wir wenden uns weiter nach links und gehen durch einen schmalen, fast schon zugewachsenen Gang, um auf eine alte besteinte Handelsstraße zu kommen, die noch im Schatten des Berges liegt. Windend erklimmen wir die hintere Bergflanke. Es ist noch angenehm kühl. Nach einer Stunde Kurvengehen kommen wir direkt hinter der Festungsmauer, jedoch fast oben auf dem Berg, heraus. Vor uns liegen die verfallenen Überreste einer Kirche und einigen Häusern. Im Tal voraus befindet sich wohl der ehemalige Steinbruch, aus dem die Steine für Kotor gewonnen wurden. Etwas weiter untern an der Schlängelstraße kommen wir noch an einem alten Haus vorbei, an welchem ein ebenso altes Schild lehnt. Mit weißen Lettern verspricht es Erfrischungen und kleine Snacks sowie einen exzellenten Blick in die Bucht von Kotor. Die Stühle kann man noch nutzen, aber sonst ist hier niemand, der die Versprechen auch einzulösen vermag. Vielleicht wird es ja irgendwann wiederbelebt, schöne wäre das auf jeden Fall. Wenn man etwas weiter den Berg hochgeht, kommt man als Alternative zum verfallenen „Haus der leeren Versprechungen“ an einer Käserei vorbei, in welcher man einkehren und selbstgemachten Käse kaufen kann. Das hatten wir aber schon und lassen die Formagerie links liegen. Dafür stehen wir alsbald vor der Festungsmauer und sehen ein kleines Loch mit einer Leiter. Ein Schild weißt uns nett darauf hin, dass dies kein offizieller Eingang ist, aber was wären wir denn für Explorer, wenn wir uns nach Schildern richten würden? Ok, also die Leiter hoch, durch das Loch und schon sind wir durch den Hintereingang in Kotor und könnten die Stadt im Handstreich nehmen. So oder so ähnlich wäre es wohl in der Geschichte gewesen, weshalb man sich vielleicht die Mühe gemacht hat, die Mauer eben die besagten vier Kilometer auf das steile Felsmassiv zu bauen.
Die letzten paar Höhenmeter sind schnell gemacht und wie, wenn man über den steilen Bergrücken kommt und auf die andere Seite den neuen Blick in die Ferne schweifen lassen kann, sehen wir den Heerwurm der Besuche auf der Kotor-Seite in der prallen Sonne nach oben kriechen. Zufrieden schauen wir uns in die Augen: Alles richtig gemacht, Explorer. Von der Zitadelle hat man einen echt grandiosen Blick. Jenes, uns gegebene Versprechen wurde also nicht gebrochen und hat uns sogar mehr beeindruckt, als wir erwartet haben. Unter uns liegt ganz klein Kotor und im Blickwinkel eine alte Kirche, die wir beim Abstieg auch gleich besuchen. Besonders imposant ist aber der Ausblick von den vielen kleinen Terrassen, die wir beim herunterspazieren durchqueren. Hier kann man sich durchaus ein abendliches Bierchen gönnen, wenn mal nicht so etwas ähnliches wie der oft auftretende „Abenddunst“ den klaren Blick trübt. Fast könnte man meinen hier gäbe es eine Smog-Fabrik, aber wo soll die sein? Das Rätsel können wir nicht klären, haben aber an jedem Abend eine Dunstglocke über Kotor hängen, welche den klaren Blick vernebelt. Ach ja, wenn man ein Bierchen trinken will, kann man sich das zum einen auf der Zitadelle, bei einem der zahlreichen unabhängigen Händler, kaufen (auch auf den Verdacht hin, dass die Kühlbox nicht lange anhält und man dann eben eine warme Dose bekommt). Weiter unten wird uns auch gewahr, warum die Leiter mit dem Loch in der Festungsmauer wohl nicht der richtige Eingang ist, da hier nun ein Wachhäuschen mit Schranke und Ticketverkauf ist. Nun ja, da sind wir wohl drumherum gekommen. Yeahh.
Lieder scheint es in Kotor keinen Scooterverleih zu geben, sonst hätte es uns auch nach Herceg Novi verschlagen. Sicherlich auch sehenswert und nur einen Tagesausflug entfernt.