„Trinkt ihr Kumus…?“

28. Juni 2021 | Tirana, Albanien | Lisa

Mit dieser Frage, die unmittelbar auf “Woher seid ihr?” folgt, beginnen in Kirgistan viele Bekanntschaften, die häufig dazu führen, dass man am Ende mit einem Getränk in der Hand endet – dem Nationalgetränk. Wer in Kirgistan eine gehobene, gar vegetarische Küche erwartet, wird enttäuscht. Exotisch sind die kirgisischen Gerichte und Getränke jedoch auf jeden Fall. Genau wie das Land selbst ist auch die kirgisische Küche geprägt durch das ursprüngliche Nomadenleben und enthält daneben spannende Einflüsse aus den Ländern entlang der Seidenstraße. Im Osten hat eine kalte Suppe Berühmtheit erlangt, im Süden gibt es die besten Teigtaschen und bei den Nomaden weiße Bällchen die den Beinamen „kirgisisches Raffaelo“ haben.

GETRÄNKE

Kumus (Кымыз)

Um das kirgisische Nationalgetränk kommt man aus Ausländer wohl kaum herum, denn die Kirgisen lieben ihre Stutenmilch und wollen diese Begeisterung nach Möglichkeit mit jedem Ausländer teilen. Die Milch wird zwei bis drei Tage „ziehen“ gelassen, wodurch sich der vermutlich ohnehin schon strenge Geschmack etwas verstärkt. Hinzu kommt ein leichtes Prickelgefühl auf der Zunge durch die beim Gärungsprozess entstehende Kohlensäure. Da er in relativ frühem Stadium getrunken wird, enthält der kirgisische Kumus so gut wie keinen Alkohol, sodass man sich auch nicht mit dem „Ich muss Autofahren“-Totschlagargument rausreden kann (ich habs versucht). Auch wenn es für europäische Gaumen sehr, sehr gewöhnungsbedürftig ist, sollte man Kumus zumindest probieren, wahlweise gleich nach der Ankunft in Bishkek auf dem Osch-Basar oder bei einer der zahlreichen Einladungen (Kirgisen können ernsthaft beleidigt sein, wenn man den Willkommens- und Herzlichkeitsdrink ausschlägt – nein, das stimmt nicht, sie akzeptieren diese Antwort einfach nicht, sodass man in jedem Fall ein Gläschen bekommt). Wer die Frage, ob er Kumus mag, elegant umschiffen möchte, um zu vermeiden, dass er noch eine Portion bekommt, kann eine vage Geste mit der Hand machen, auf seinen Bauch zeigen und „Tschutch Tschutch“ (ein bisschen) sagen und anschließend auf den sehr leckeren Boso verweisen.

Kleine Geschichte zum Bild: Wir wurden zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Ein flüchten von der Einladung und der Tanzfläche war unmöglich. So mussten wir nach der Kumus-Session zu „Brother Lui“ und „Your my Heart your my Soul“ tanzen. Was dabei herauskam überraschte uns über alle Maßen selbst.

Kosten auf dem Basar: 20 Com pro kleiner Tasse.

Boso (Возо)

Bei einem unserer Besuche auf dem Osch-Basar in Bishkek haben wir die Milchprodukte-Halle entdeckt, wo unsere neugierigen Gaumen Kumus probieren. Neben dem großen Eimer, aus dem die Frauen die Stutenmilch schöpfen, entdecke ich zwei weitere – und erfahre, dass es sich um Boso handelt. Die Kinderversion des aus gegorener Hirse hergestellten Getränks schmeckt süßlich, während die zweite Variation mit Schuss (Schnipsgeste gegen die Halsschlagader, dazu später mehr) deutlich herber und blubberiger ist, mein Geschmack ist es nicht.

Kosten auf dem Basar: 20 Com pro kleiner Tasse.

Kwas (квас)

Wird ja in Russland gerade als der Gegenentwurf zu Cola gefeiert und ich gebe zu, da ist etwas dran, auch wenn sie sich im Zuckergehalt wahrscheinlich sogar sehr ähneln. In Bishkek und Osch findet man in den Sommermonaten an wirklich jeder, jeder Straßenecke eine Dame, die das braune, klebrige, süße Getränk aus vergorenem Brot verkauft. In Bishkek ist es bereits im Juni um die 35 Grad heiß. Der malzig-karamellig schmeckende Softdrink somit eine perfekte Erfrischung, da man ihn immer bestens gekühlt erhält.

Tschallap (чалап)

Tschallap wird ebenfalls von den „Kwas-Frauen“ gut gekühlt verkauft und scheint sich unter Kirgisen noch größerer Beliebtheit zu erfreuen als die Russencola. Es handelt sich um eine Art dicke, leicht salzig schmeckende Milch mit Kohlensäure, prickelt auf der Zunge, ist aber bei weitem nicht so intensiv wie Kumus. Soweit ich das verstanden habe, wird Tschallap ebenfalls aus vergorener Milch gemacht und erinnert am ehesten an Ayran mit Kohlensäure. Der erste Schluck ist definitiv komisch, danach jedoch sehr erfrischend und auf Dauer sicher gesünder als Kwas, da ohne Zucker.

Aralasch (Аралаш)

Mischt man Tschallap mit Maksim, einem körnigen Hefedrink aus Gerste, Mais und Weizen, entsteht Aralasch. Überall in Bishkek haben wir Kirgisen mit 1-Liter-Flaschen dieses hellbraunen, körnigen Getränks gesehen. Ich gebe zu: meins ist es nicht. Das ganze ist relativ dickflüssig und schmeckt herb-salzig. Kann man probieren, muss man aber nicht.

Kosten: 24 Com für große Becher, 12 Com für einen kleinen Becher. (Beim ersten auf keinen Fall mehr bestellen!)

Vodkas

Bei unserem ersten Besuch im Supermarkt waren wir schwer beeindruckt: da stehen auf bestimmt sechs Regalmetern ausschließlich kirgisische Vodkas, der teuerste für umgerechnet etwa vier Euro die große Flasche. Wir haben mit der Zeit bestimmt sechs oder sieben verschiedene Sorten probiert und konnten uns so davon überzeugen, dass man hier bei der Auswahl wirklich nichts falsch machen kann. Unser Favorit ist der Ala Archa. Als kleiner Becher für den Snack zwischendurch kann man diese auch in Plastebechern bekommen.

Kosten: zwischen 300 und 450 Com für eine große Flasche.

Camgodnia (Самгодния)

Selbst gebrannter Schnaps, für mein Verständnis auch eher eine russische Tradition. Wir durften einen selbstgebrannten Korn im Jägerpub in Bishkek testen, dem Pepperoni hinzugefügt wurden. Stark, brennt, muss man mögen ;-).

Kosten: Vermutlich meistens kostenlos, wenn man von Privatpersonen eingeladen wird. Unsere Testschnäpse haben wir ebenfalls umsonst bekommen.  

Frisch gezapftes Bier (Пиво)

Neben diversen Sorten, die man in jedem Supermarkt erhält, finden sich sowohl in einigen größeren Geschäften als auch in spezialisierten Läden eigene Bierabzapfer. Dort erhält man verschiedene Sorten frisch gezapft in ein- oder anderthalb-Literflaschen.

Ich kann nur sagen, dass frischgezapfte schmeckt in jedem Fall besser als das Gekaufte. Mit ein bisschen Glück findet man eine Abzapfstation mit „deutschem Bier“.

In Bischkek kann man das Erlebnis zum Beispiel in „Der Pinte“ (Toktugul Street) erleben.

SNACKS

Getrocknete Früchte

Egal, ob Fruchtmix oder sortenrein, Trockenobst und Nüsse findet man auf jedem Basar und in jedem Supermarkt. Das schlimmste ist dabei wirklich, eine Auswahl zu treffen, denn hier sieht alles gut und lecker aus. Ich habe viele Kirgisen gesehen, die die gewünschte Ware vorab probieren, als Ausländer würde ich aber auf jeden Fall vorher fragen („Umeju paprowowatch?“). Und Vorsicht vor allzu beherztem Reinbeißen, viele der Trockenfrüchte kommen mit Kern oder enthalten – entweder mangels Qualitätskontrolle oder durch die ungeschützte Lagerung – hin und wieder mal ein Steinchen. Ich empfehle die getrockneten Aprikosen, Erdnüsse mit Sesam und die hier wirklich knackigen Mandeln (Achtung, nicht verwechseln mit den etwas bitteren Aprikosenkernen, die ebenfalls sehr oft angeboten werden).

Samsa (самса)

Die mit ordentlich Zwiebeln und meistens mit Fleisch gefüllten Blätterteigtaschen findet man an fast jeder Ecke und in zahlreichen Formen. In Osh haben wir aber auch leckere vegetarische Camsa gefunden. Hier soll es auch die Besten des ganzen Landes geben. Uns hat die Variation mit Kartoffeln und Zwiebeln wunderbar geschmeckt. Für einen Snack zwischendurch eignen sich die Teigtaschen allemal.

Kurut

In ganz Kirgistan findet man die traditionellen, weißen Energiebällchen, die Kurut genannt werden. Sie werden aus gesalzener Kuh- oder Ziegenmilch hergestellt, die erst gekocht und dann über mehrere Stunden getrocknet werden. Man findet sie auf den Basaren, in Supermärkten sowie in ländlichen Regionen häufig von Nomaden am Straßenrand in nahezu jeder erdenklichen Form und verschiedenen Geschmäckern, zum Beispiel auch mit Getreide oder schwarzem Basilikum.

Das erste Kurut, das wir probiert haben, war definitiv komisch, schmeckte sehr ungewohnt und sehr präsent im Mund. Lutscht man sie jedoch, entwickelt sich nach einigen Minuten ein sanfter, milchiger Geschmack. Da sie komplett ausgetrocknet sind, können sie quasi nicht schlecht werden und eignen sich somit perfekt für jedes Outdoor-Abenteuer. Wir haben unsere Kuruts über mehr als drei Wochen dabei gehabt. Unser Tipp also, unbedingt probieren.

HAUPTGERICHTE

Manti

Was den Italienern die Tortellini und den Deutschen die Maultaschen sind den Kirgisen die Manti. Die in würziger Fleischbrühe gekochten, mit Hackfleisch gefüllten Teigtaschen bekommt man meistens als Fünferset serviert. Schmeckt absolut lecker, ist aber häufig mit viel Öl zubereitet und liegt deshalb recht schwer im Magen.

Oromo

Ein frittierter oder gedämpfter Kringel aus Nudelplatten gefüllt mit Hackfleisch, Kraut, Möhren und Kräutern. Wir haben diese beiden Varianten des Oromo am Rand des Osh-Basars probiert und fanden die frittierte Variante deutlich besser, da sie ein wenig knusprig, geschmacklich intensiver und nicht so labberig war.

Blini

Eine eigentlich eher aus Osteuropa stammende Art dünner Pfannkuchen, die man vor allem Bishkek häufig findet und zum Beispiel mit Smetana (Sauerrahm) sehr gut schmecken. Meinem Magen haben sie nach einem Bier- und Cocktail-lastigen Abend auf jeden Fall richtig gut wieder auf die Beine geholfen.

Panierter Fisch

Den Fisch haben wir ebenfalls beim Bummel über den Osch-Basar entdeckt. Er war noch heiß und wurde von einem Mann direkt vom Wagen verkauft. Aufgrund der gelben Kruste dachten wir zunächst, er sei mit Käse überbacken. Erst beim Kosten im Hostel stellten wir fest, dass dieser Fischi zuletzt wohl gut mit Mehl paniert in einem Meer aus Öl geschwommen ist. Alles in allem knusprig, würzig und sehr lecker.

Schaschlik und Kebap

Aus der Kategorie rauchige Fleischspezialitäten vom Grill: Ersteres sind meist große Fleischbrocken, letzteres stark gewürztes Hackfleisch, jeweils am Spieß und mit einem Haufen Zwiebeln serviert. Im Fall des Hühnchenschaschliks, den ich in einem gemütlichen Lokal an der Straße nach Osch probiert habe, ist etwas gewöhnungsbedürftig, dass hier offenbar einfach das ganze Hühnchen mit einem großen Hackebeil zerlegt wurde, man also beim Kauen gern auch mal auf Knochensplitter stößt.

Lagman

Geschmacklich würde ich dieses wahlweise als Suppe oder gebraten servierte Gericht eher nach China sortieren. Es besteht aus viereckig geschnittenen, flachen Nudeln, die dieser kirgisischen Nationalspeise auch ihren Namen geben, Gemüse und meistens Lammfleischstückchen. Die klare Brühe schmeckt sehr würzig. Das gebratene Nudelgericht, das wir in einem der vielen kleinen Restaurants auf dem Osch-Basar gekostet haben, hat intensiv nach Soyasauce geschmeckt.

Ashlan Fu

Eine Spezialität die sich in der Region um den Ysskköl-See finden lässt. Uns wurde Ashlan Fu von einer Wanderin empfohlen. Dabei handelt es sich um eine kalt servierte Suppe, in welcher aus Stärke gemachte, leicht weiß, transparente Nudeln schwimmen. Auf den ersten Blick sieht Ashlan Fu wie Lagman aus, ist jedoch wie schon erwähnt kalt und schmeckt komplett anders. Ich würde sagen, süß-sauer. Mir hat Lagman jedoch besser geschmeckt.

Gulasch

Auf den Weg nach Osh haben die Explorer in einem Restaurant angehalten, welches uns mit gemütlichen Sitzplattformen mit Kissen, Decken und Wasserzerstäubern nahezu einlädt. Hier gibt es Gulasch in einer anderen Art, als in Deutschland bekannt. Klar finden sich auf dem Teller auch kleine, gyrosgroße Fleischstücke in einer Bratensauce, flankiert aber mit allerhand anderen Sachen. Hierzu gehören gegrillter Mais, Kartoffelpüree, Salat, Reis und Nudeln.

Plov

Plov bezeichnet in Kirgistan ein Reisgericht. Dabei scheint es durchaus regionale und internationale Variationen zu geben, die es sich auf jeden Fall zu probieren lohnt. Wir durften gekochten Reis mit Paprika- und Tomatenstücken probieren, auf welchen dünn geschnittene, gebratene Fleischstreifen platziert sind. In einer Usbekischen Variante, die mir deutlich besser, ja sogar himmlisch geschmeckt hat, war der Reis gedünstet, angebraten und deutlich öliger. Außerdem ist dieser mit Paprikastreifen, Möhrenstücken, Kichererbsen, Rosinen und Piment verfeinert, was ein süßes, fast weihnachtliches Aroma gibt.

Lepotschka

Ein Weißbrot, welches fast wie ein Kunstwerk aussieht. Es hat eine flache Mitte und ist von einem hohen Rand umrahmt. Dabei findet man die unterschiedlichsten Designs. Nicht nur die Ränder sind mal geflochten, mit Mustern versehen oder einfach gestaltet, sondern auch die knusprige Mitte zeichnet sich mit schönen Mustern aus. Dies kommt daher, dass bei der Herstellung der Teigfladen, diese mit einem, an einen Stab befindlichen Nadelkissen, dass Muster beim an die Wand drücken in den Ofen, eingestempelt bekommen, um an der Wand kleben zu bleiben und dort gebacken zu werden. Lepotschka schmeckt warm am Besten.

Pferdefleisch

Während in Deutschland das Schlachten und Essen von Pferden doch eher eine Randerscheinung ist, sind Pferde in Kirgistan vor allem Nutztiere, die ebenso wie Rinder in Herden gehalten werden und als Nahrungsmittel dienen. Auf dem Osh Basar in Bischkek wurden wir von einem Fleischer angesprochen und wir wollten wissen, was das für dunkles Fleisch ist, was dort am Haken hängt. Uns wurde offenbart, dass es sich um Pferdefleisch handelt. Das Fleisch ist fest und viel dunkler als Rindfleisch. Auch das Fett sieht eher gelblich aus. Wenn das schon eine Spezialität ist, kommen die Explorer, wenn auch schweren Herzens, nicht daran vorbei und kaufen 300 Gramm, die am Abend auf dem Grill landen. Fazit: Die Konsistenz ist fest, fast etwas zu fest. Der Geschmack ist aber nichts besonderes und lehnt sich an Rind an, welches wir als A/B Test gleich mit dabei hatten. Ben (USA) und Fatma (Türkei) hat unser BBQ jedenfalls geschmeckt und beide teilen unsere Meinung.

Geräucherter Speck

Fast überall wo es Fleisch gibt findet man auch dunkelrote Fladen. Hierbei handelt es sich um geräucherten und stark gewürzten Speck. Dieser hat mich an den Speck erinnert, den man oft zu Vodka bekommt, um diesen wiederum besser zu vertragen. Der Geschmack ist gut, würzig, aber echt salzig.

Lies mehr über unsere Abenteuer in Kirgistan

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