Die ersten Schritte in Istanbul

7. April 2021 | Izmir, Türkei | Lisa

Von Madeira an den Bosporus. Nach drei Wochen Natur ab in die Mega-Metropole Istanbul – der Kulturschock könnte kaum größer sein. Ich muss aufpassen, dass ich nicht die hundertste Katze oder Möwe vor Moschee fotografiere, vom Auto überfahren werde oder vor lauter Baklava wie ein Duracell-Häschen durch die Gassen laufe. 

Lassen die uns überhaupt rein?​

Wir landen mit etwa einer Stunde Verspätung am neuen Flughafen von Istanbul und sind etwas aufgeregt: Hat mit der Registrierung alles geklappt? Wir mussten uns vor Einreise online beim türkischen Gesundheitsamt anmelden und sollten eigentlich einen sogenannten HES-Code bekommen, den man im Land zum Beispiel braucht, um Bus-Tickets zu kaufen, in Malls oder Restaurants zu kommen. Wir hatten zwar eine PDF-Datei erhalten, aber das schien lediglich die Zusammenfassung unserer Anmeldung zu sein. Also warten wir in der Schlange und zumindest meine Nervosität steigt, als ich zunehmend Leute mit Zetteln in der Hand sehe. Am Ende will jedoch niemand irgendetwas sehen und auch der Einreisebeamte setzt ohne jegliches Wort einfach einen Stempel in unsere Pässe.

Stempel sind sowieso ein spannendes Thema am Flughafen. Wie zur Legitimierung seiner Funktion läuft hier jeder Sicherheitsbeamte mit seinem eigenen Gerät herum. Und ich sage bewusst Gerät, denn es handelt sich dabei um sicher unterarmgroße Konstruktionen aus glänzendem Metall. „Zeig mir deinen Stempel, und ich sag dir, wie wichtig du bist“, könnte hier das Motto lauten und ich muss grinsen als der nächste wichtige Stempelbeamte geschäftig an mir voreilt. Sieht zum Glück keiner wegen der Maske. 

Der erste Morgen in Istanbul: pennen bis 12

Mit unseren Rucksäcken geht es dann zum Busterminal im Untergeschoss. Zwar könnte man für etwa 280 Lira (ca. 28 Euro) mit dem Taxi oder Uber fahren, aber die brauchen im Prinzip genauso lange,  also können wir auch den HavaIst-Bus von Bussteig 14 nehmen, der 60 Lira für uns beide kostet und uns bis zum Taksim-Platz bringt. Von dort sind es nur noch wenige Minuten zu Fuß. Es herrscht hier immer noch geschäftiges Treiben, Taxis, Menschen, Katzen (viele Katzen) schieben, hupen, drängeln und maunzen sich durch die Gegend und ich bin hart reizüberflutet (schließlich sind wir heute um 3.15 aufgestanden), sodass ich relativ unbeholfen einfach hinter Sören hertappe. Unsere Straße ist definitiv nicht die „gepflegteste“, aber wir haben mindestens drei Tante-Emma-Läden, zwei Spätis und diverse Restaurants und Lokale direkt vor der Tür. Im AirBnB werden wir bereits erwartet, sodass wir gegen 10 Uhr mehr als erschöpft in unsere Koje sinken und trotz Muezzin bis 12.30 Uhr am nächsten Morgen pennen.

Orientierung und Klarkommen

Unser erster Tag in Istanbul, dieser Mega-Metropole, dient der ersten groben Orientierung. Sören war zwar vor zwölf Jahren mal hier, aber in einer derart lebendigen Großstadt können sich die Dinge ja auch ändern. Außerdem muss ich erstmal in einen Zustand kommen, in dem ich nicht mehr permanent mit offenem Mund stehe, staune und mal wieder beinahe von einem schnittig um die Kurve oder durch die Gasse düsenden Taxi oder Motorroller überfahren werde. Vom Taksim-Platz aus wollen wir erstmal runter an den Bosporus, Wasser sehen ist schließlich immer gut. Wir schlängeln uns bei Kälte und Nieselregen (täusche ich mich oder ist das eine echte Verschlechterung zu Madeira?!) durch gewundene Gassen, Straßen und Treppen hinunter nach Karaköy. Zur Stärkung und Motivation schlagen wir bei einem der gefühlten 1.000 Baklava-Händler zu. Zuckerschock kennt keine Grenzen, außer die Größe der Box, die du wählst. Aber es sieht einfach alles wirklich gut aus und ich kann kaum warten, bis wir endlich unten ans Wasser kommen, wo wir die Teilchen verschnabulieren wollen. Dort wird gerade wirklich viel gebaut, sodass wir noch ein ganzes Stück gehen müssen, bis wir endlich freien Blick auf die Meerenge haben. Auf jeden Fall entsteht hier gerade einiges, vieles wird sicher ziemlich aufpoliert und hochpreisig, aber auf auf jeden Fall geschmackvoll, das lässt sich schon erkennen.

Endlich am Bosporus

Nahe der Galata-Brücke (ich nenne sie liebevoll Angler-Brücke), finden wir endlich ein Bänkchen, auf dem wir es uns erstmal so gemütlich machen, wie das eben bei windigen 9 Grad mit Niesel möglich ist. Wir blicken geradeaus auf die Halbinsel Eminönü mit Sultanspalast und Hagia Sofia, linkerhand etwas weiter entfernt liegt Asien! Selbst bei Schietwetter lässt sich hier allerhand beobachten: Die Angler, die Kätzchen und Katzen, die Möwen und den Kaffee- und Teeverkäufer („Cayvar! Kahvecar!“), der in Windeseile seinen Stand inklusive Bänkchen, Öfchen, Feuerholz, Kessel und Tisch mit allen Utensilien zerlegt, als fünf Männer in Uniform (mutmaßlich Ordnungsamt) sich nähern. Keine zwei Minuten später steht alles wieder wie zuvor. (Ich vermute, dieses Spiel wiederholt sich mehrmals täglich, es wirkte auf jeden Fall ziemlich routiniert.)

Auf der anderen Seite der Brücke finden wir einen kleinen Fischmarkt, allerdings lässt die Küchenausstattung unseres AirBnBs nur von Kochen träumen. So kehren wir nebenan in das fischmarkthallenähnliche Lokal während Söri flucht, dass wir nicht draußen beim Street-Food-Fisch-Mann einen Balik-Dürüm essen. Vielleicht später, mein Lieber.

Wer soll das alles kaufen?

Gut gestärkt machen wir uns langsam an den Rückweg, wo wir wohl eher zufällig an einem der Wahrzeichen Istanbuls, dem Galata-Tower, vorbeikommen. Wir sind überrascht, wie viele Leute dort gerade anstehen, um einen der angeblich schönsten Ausblicke über die Stadt zu bekommen – aber hey, hatte ich denn gedacht, dass wir die einzigen Touristen sind? Blödsinn! Von hier geht es über eine gewundene kleinere Straße mit allerhand Touri-Nippes auf die Shopping-Meile. Sören hatte mich schon vorgewarnt, aber das übertrifft alle Vorstellungen. Hier reiht sich auf schätzungsweise zwei Kilometern Geschäft an Geschäft an Geschäft – selbstverständlich auf beiden Straßenseiten. „Wer soll das alles konsumieren?“, denke ich mit Blick darauf, dass alles, was wir eigentlich brauchen, in zwei Rucksäcke passt. (Ich mach eine Ausnahme für die circa alle 200 Meter auftretenden Baklava-Läden, die braucht man natürlich. Alle. Keine Frage.)

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Holger

    Merhaba sevgili arkadaşlar! Uns hat eine wunderschöne Postkarte erreicht mit Liebesgrüßen aus der Türkei. Vielen Dank. Wir haben uns sehr gefreut! Passt gut auf euch auf und sammelt fleißig weitere Eindrücke – die kann euch keiner nehmen; weder Corona oder Recep Tayyip, noch der große Mustafa Kemal Atatürk. Meşe palamudu ve kediyi öp!!

    1. Explorer

      Merhaba back und Cheers zu Mustafas 101. Geburtstag, den wir in Kas erleben dürfen. Alles (inkl. der Fregatten) ist heute mit Wimpeln geschmückt, ein Traum. Haben uns die letzten Tage durch die Wildnis des Lykischen Weges geschlagen und werden gleich die Vorzüge weißer Laken und weicher Matratzen genießen bis um 5 der „Wecker“ klingelt 😀
      Wir denken an euch, hoffentlich gehts euch gut?! Auf ein Wiedersehen der Oachkoatzels.

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